Wissenswertes

Wann liegt eine „Legasthenie“ vor?
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat in einem internationalen Klassifikationsschema (ICD-10) festgelegt, wann man von einer Legasthenie spricht.
Dies ist dann der Fall, wenn es bei einer ausreichenden Beschulung und ausreichender Intelligenz zu Lese-Rechtschreibstörungen kommt, die nicht nur vorübergehend, sondern über einen längeren Zeitraum bestehen (mindestens drei bis sechs Monate). Hierbei ist der Schweregrad der Lese- und Rechtschreibprobleme entscheidend. Neben dem Begriff „Legasthenie“ wird auch von „Lese- und Rechtschreibstörung“ und „Lese- und Rechtschreibschwäche“ gesprochen. Eine einheitliche Definition gibt es bisher nicht.
Wer stellt die Diagnose „Legasthenie“?
Diplom-Psychologen oder Ärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie führen eine umfangreiche Testung durch um festzustellen, ob bei Ihrem Kind eine Legasthenie gemäß ICD-10 vorliegt.
Was sind die Ursachen einer Legasthenie?
Es gibt viele verschiedene Ursachen einer Legasthenie. So kann eine auffällige Sprachentwicklung im Kindergartenalter Lese- und Rechtschreibschwierigkeiten im Schulalter nach sich ziehen. Eine auffällige Entwicklung im Bereich der auditiven Wahrnehmungsleistungen sowie der Phonologischen Bewusstheit sind häufig eng verbunden mit der Lese- und Rechtschreibproblematik. Aufmerksamkeitsprobleme können Ursache, aber auch Folge einer auffälligen Lese- und Rechtschreibentwicklung sein. Ein weiteres Risiko für das Auftreten einer Legasthenie ist der erbliche Faktor. Untersuchungen belegen, dass Legasthenie familiär gehäuft auftritt.
Was versteht man unter „Auditive Wahrnehmung“?
Unter dem Begriff „auditive Wahrnehmung“ versteht man die Weiterverarbeitung gehörter Informationen. Eine intakte auditive Wahrnehmung ermöglicht es beispielsweise, Schallquellen zu lokalisieren, ähnlich klingende Geräusche zu unterscheiden oder wichtige Hörinformationen aus einer geräuschvollen Umgebung (wie beispielsweise im Klassenzimmer) herauszufiltern. Eine intakte auditive Wahrnehmung ist eine wichtige Voraussetzung für die kindliche Sprachentwicklung und für einen erfolgreichen Schriftspracherwerb.
Was bedeutet „Phonologische Bewusstheit“?
Geht es bei der auditiven Wahrnehmung um die Verarbeitung nicht-sprachlicher Reize (Töne, Klänge, Geräusche), so steht bei der Phonologischen Bewusstheit die Wahrnehmung und Bearbeitung sprachlichen Materials im Mittelpunkt.
Es geht um das Wahrnehmen von Silben, Reimen und Lauten im Wort. Darüberhinaus
wird mit diesen sprachlichen Einheiten gearbeitet:
- Setze die Silben zu einem Wort zusammen: li – zei – po
- Welches Wort entsteht, wenn du im Wort „Hose“ das „o“ durch ein „a“ ersetzt?
- Was reimt sich auf „Rose“?
Die Fähigkeiten im Bereich der Phonologischen Bewusstheit stehen in einem engen Zusammenhang mit den Leistungen beim Lesen und Schreiben.
Wie finde ich einen qualifizierten Therapeuten?
Eine einheitliche Ausbildung und damit ein anerkanntes Berufsbild des Lerntherapeuten gibt es bisher nicht. Daher sollte man auf der Suche nach außerschulischen Therapiemaßnahmen kritisch sein. Der Bundesverband Legasthenie und Dyskalkulie (BVL e.V.) hat einen Weiterbildungsstandard entwickelt. Therapeuten, die eine Ausbildung nach dem BVL-Standard absolviert haben, dürfen den oben genannten BVL-Titel tragen („Dyslexie-Therapeut nach BVL“).
Eine Therapeuten-Liste findet sich auf der Homepage des BVL unter dem Menu-Punkt „Förderung“.
Da die Lese- und Rechtschreibtherapie nicht ärztlich verordnet und von der Krankenkasse nicht bezahlt wird, müssen die Eltern die Kosten selber tragen. Unter bestimmten Voraussetzungen können die Kosten vom Jugendamt übernommen werden (Kostenübernahme nach §35a Abs. 1a SGB VIII Kinder- und Jugendhilfe).
Was bedeutet „Nachteilsausgleich“ ?
Die Rechtschreibleistungen nehmen in der Schule einen hohen Stellenwert ein. Damit die Kinder, die in diesem Bereich Schwierigkeiten haben, keinen Nachteil im Lernen und in der Benotung erfahren, gibt es (per Legasthenie-Erlass der Bundesländer) den sogenannten „Nachteilsausgleich“. Er kann beispielsweise folgende Maßnahmen vorsehen:
- Zeitzuschlag für die Erledigung von schulischen Aufgaben, die mit Lesen und Schreiben verbunden sind
- Vorlesen schriftlich gestellter Aufgaben
- Keine Berücksichtigung der Rechtschreibung bei der Notengebung in allen Fächern
- Bei Teilnahme an Diktaten keine Zensierung, sondern verbale Beurteilung mit Betonung der Lernfortschritte.
Was ist der Unterschied zwischen einer Legasthenie-Therapie und einer Nachhilfe?
Die Nachhilfe stellt eine Unterstützung von Kindern mit schulischen Problemen durch Eltern, Schüler, Studenten bzw. Lehrer dar. Kinder die Nachhilfe erhalten, haben i.d.R. keine Lese- und Rechtschreibstörung. Die Lese- und Rechtschreibtherapie erfolgt durch speziell ausgebildete Fachkräfte. Aufbauend auf eine ausführliche Diagnostik wird ein individueller, auf das Kind ausgerichteter Therapieplan entworfen. Das methodische Vorgehen ist angelehnt an wissenschaftlich erforschte Programme. Lernfortschritte werden regelmäßig durch Tests überprüft.
Wie häufig findet eine Therapie statt?
Die Therapie findet in der Regel wöchentlich statt. Die Dauer beträgt ca. eine Stunde. Da es unter anderem um das Einüben von Strategien beim Lesen und Schreiben geht, ist auch ein regelmäßiges Üben zuhause in kurzen Einheiten erforderlich.
Wie beziehe ich das Umfeld mit ein?
Das Gespräch mit den Eltern des betroffenen Kindes bzw. mit den Lehrern oder anderen Personen im Umfeld des Kindes ist oft sehr hilfreich. Der Austausch schafft Verständnis für die Situation und Probleme des Kindes. Gemeinsam kann überlegt werden, inwiefern das Kind zuhause und in der Schule unterstützt werden kann. Diese aufmerksame Begleitung stärkt das Kind in seiner Motivation und in seinem Selbstvertrauen.
Sind Fragen bei Ihnen offen geblieben?
Sprechen Sie mich gerne über Telefon +49 172 2795342 oder Email info@sabinecasalino.de an.
Sabine Casalino Staatlich anerkannte Logopädin Zertifizierte Dyslexie-Therapeutin (BVL)